Da quält ihr euch nun, und bettelt mit an den Schaufenstern aufgehängten Plakaten darum, dass man doch lieber lokal kaufen solle. Auch im Lockdown könne man telefonisch bestellen und auch nach Anmeldung zurückgeben, man müsse nicht im Internet bestellen. Und begreift doch nicht, dass ihr die modernen Kommunikationsmöglichkeiten schon ewig verpennt habt.

Als Einzelhändler solltet ihr die Mittelsleute zwischen Großhandel und Verbraucher sein. Damals, vor dem Internet, bedeutete das, dass man auf euch angewiesen war. Ihr konntet euch in den Laden setzen und auf Kunden warten. 

Und ich habe es gehasst. Bei aller freundlichen Beratung, ich habe es immer gehasst. Und ich kenne ganz viele Leute, vielfach Männer, die es ebenfalls gehasst haben und bis heute hassen. Das Suchen, das Ausgefragt-werden, das, was man hinterher tatsächlich angeboten bekommt, die herablassende Art, wenn der Händler mich als Kunden wissen ließ, dass er nicht gedenke, für mich an seinem Sortiment zu arbeiten oder mich sowieso nicht für stylisch genug hält, seine tollen Sachen überhaupt anziehen zu dürfen.

Dass ich bei euch immer besonders lange suchen muss, liegt auch daran, dass ihr nur Mode für Zwerge verkauft. Man kann in Deutschland tatsächlich in eine Filiale einer großen Handelskette gehen und in der Jeans-Abteilung mit viel Glück eine einzige Hose mit 38 Zoll Länge finden. Und die muss ich dann nehmen. Eine Jacke mit passenden Ärmeln habe ich schon seit 20 Jahren nirgends mehr gesehen. Bei Schuhen ab Größe 47 wurde es die letzte Zeit etwas besser, muss man anerkennen. 

Aber wenn ich online einkaufe, habe ich ja dasselbe Problem. Ich kämpfe mit Suchfiltern, irre durch unmögliche Menüs, versuche Beschreibungen zu artikulieren (heisst es jetzt "weite" Schuhe oder "breite" Schuhe oder "relaxed"?)  und am Ende bleiben zwei, drei Tabs offen mit Klamotten, die ich tatsächlich vielleicht bestellen würde, wenn ich mich in dem Shop nicht erst neu anmelden müsste und das wieder nichts wird, weil ich in Läden mit Googles ReCaptche aus Prinzip nichts kaufe. Und wenn die Bestellung dann kommt - dann bin ich nicht da und muss dem Paket hinterherlaufen. Und wenn es dann nicht passt, habe ich die Last mit der Rücksendung. Auch nicht toll.

So, was ich sagen will: ihr verlasst euch auf die Leute, denen "Shoppen" Freude macht. Okay. Und auf die anderen, die keine Wahl haben. Und die haben nun seit 15, 20 Jahren doch eine Wahl und kaufen online. Und ihr jammert darüber. Und jetzt ist der Spaß am Shoppen auch vorbei, und ihr seid angeschissen. 

Dabei wäre es (außerhalb der Pandemie sowieso) so einfach: ihr müsstet euch nur wieder auf eure Rolle als Mittelsleute besinnen. Ihr braucht keinen Onlineshop mit täglichem Versand bei Bezahlung bis 14 Uhr. Ihr bräuchtet nur einen Überblick über euer Sortiment im virtuellen Schaufenster im Internet (und das müsste in einer virtuellen lokalen Einkaufsstraße sein), und ein vernünftiges Kontaktformular. Ihr bräuchtet keine riesige Lagerhaltung mit Schlußverkäufen, weil ihr selber bei eurem Zulieferer bestellen könntet und Rücknahmen dort aushandeln. Ihr wäret diejenigen, die ich anschreibe über euer Webformular: "Ich will nächste Woche mal vorbeikommen, ich will 'ne Jeans in W36/L38, blau, ohne Used-Look, Stretchanteil, bequem, weite Beine". Und dann schickt ihr mir vielleicht eine Buchungsnummer zurück oder sogar ein paar Modellfotos, aus denen ich wählen könnte, und kümmert euch, und wenn ich dann tatsächlich komme und die Nummer zeige, dann ist jemand da, der entsprechende Artikel rausgesucht oder bestellt hat und vielleicht sogar mal gemessen hat, wie die Hosenlänge tatsächlich ausfällt, und ich kaufe, bezahle und gehe. Für mich ist es einfacher, für euch ist es einfach euer Job, und das Geschäft läuft. 

Ich verstehe auch diese Organisation "heimatshoppen.de" nicht. Das gibt's tatsächlich und enthält - nichts. Man findet dort keine Schaufenster, keine Onlineshops, man findet nicht mal ein ordentliches Verzeichnis der Läden. Die verlinken dort weiter auf die Werbegemeinschaft, und was machen die? Das ausgefallene Brückenfest, herrjehmineh!

Und so bleibt es halt: das Online-"Shopping" mag ich nicht wirklich, aber euch mag ich noch weniger.